Am Abend des 16. Januar wird in Dorgali ein imposantes Feuer zu Ehren des Heiligen Antonius entzündet – ein Fest, dass auf einen uralten und tief in der Kultur Sardiniens verwurzelten Kult zurückgeht. Für die christliche Gemeinde stellt der Heilige Antonius, der im 3. Jahrhundert vor Christus führender Vertreter der ägyptischen Askese war, einen entschiedenen Gegner des Teufels und der Flammen der Hölle dar. Die Legende besagt, dass der Heilige einst einen glühenden Funken aus dem Reich der Hölle gestohlen hat, um es den Menschen auf Erden zu schenken. Der Ritus zu Ehren des Heiligen, eine Mischung aus christlicher Verehrung einerseits und alten heidnischen Traditionen andererseits, wurde erstmals Mitte des 19. Jahrhunderts schriftlich dokumentiert, wobei seine Ursprünge sicherlich auf ältere Zeiten zurückgehen.
In der fast magischen Stimmung, die von dem riesigen Feuer ausgeht, bittet die Gemeinschaft den Heiligen um Wundertaten und spricht ihm ihren Dank aus. Als Brennwerk dienen große Mengen von Rosmarinzweigen, die zu einem riesigen Kegel aufgetürmt werden an dessen Spitze ein großes Kreuz aus Orangen ragt. Während das Feuer schon in Aktion ist, klettern Jugendliche heldenhaft auf den Scheiterhaufen, um möglichst schnell und ohne Schaden zu nehmen, die Orangen von dem Kreuz zu klauben.
Um das Feuer herum wird geweihtes Brot und traditionelles Gebäck aus Honig und gekochtem Wein (Sapa) gereicht. Für das Fest wird schon Tage zuvor das traditionelle „pistiddu“ hergestellt, ein echtes Meisterwerk dorgalesischer Backkunst. Es handelt sich hierbei um ein rundes Gebäck aus Mürbeteig, das reich verziert und mit einer Marmelade aus gekochtem Wein gefüllt wird.
Und nicht zu vergessen: Am Abend des 16. öffnen die Menschen im Stadtviertel Sant’Antonio ihre Weinkeller, um den Besuchern des Festes ein Glas ihres Cannonau anzubieten.
Das Feuer brennt die ganze Nacht über und die Rauchzeichen des erlöschenden Feuers werden als Vorzeichen oder Symbole für die Zukunft gedeutet.